ISCN-Fehler-Analyse

English version

Fehler in ISCN-Formeln sind sehr weit verbreitet: rund 10% der Karyotypen in der Mitelman-Datenbank enthalten Fehler. Ein Großteil davon entfällt auf unzureichende Angaben. Sehr häufig werden auch Bruchpunkte angegeben, die nicht existieren.

Neben solchen Flüchtigkeits- und Tippfehlern gibt es aber auch Verständnis-Fehler. Die ISCN ist nicht gerade einfach zu verstehen, sie ist häufig unsystematisch, und kompliziertere Rearrangements lassen sich mit ihr gar nicht ausdrücken (siehe auch: ISCN Discussion (nur in englischer Sprache)).

Während der Analyse der Karyotypen gibt die CyDAS-Software dementsprechend eine Reihe von Fehlermeldungen aus; sind mehrere Fehler in einem Karyotyp vorhanden, wird nur der erste Fehler moniert. Es wurde versucht, die Fehlermeldungen einigermaßen allgemein verständlich zu halten, so daß dem kundigen Leser die Art des Fehlers und seine Behebung erkennbar sein könnten. Darüber hinaus soll diese Seite weitere Hilfestellung bieten, die Art des Fehlers zu erkennen und ihn entsprechend zu beheben.

Nicht-existierende Banden

Meldung

  • Die Bande existiert nicht

Beschreibung

Dies ist wohl der häufigste Fehler überhaupt: es wurde ein Bruchpunkt angegeben, der gar nicht existiert.

Was zunächst aussieht wie ein Tippfehler, Zahlendreher oder Ähnliches, ist jedoch wohl eher auf Unkenntnis über die korrekte Benennung der Chromosomenbanden zurückzuführen - in vielen Fällen scheitern Versuche, mit einfachem Verdrehen auf eine mögliche korrekte Bande zu gelangen, z.B. zu 8q34: 8q43 und 8p34 existieren genauso wenig. Bei 7q12 könnte man ja noch annehmen, daß 7q21 gemeint sei; aber es könnte auch 7q11.2 sein.

Lösung

Überprüfen Sie die Bezeichnung der Bande an Hand von Ideogrammen, z.B. im ISCN-Handbuch auf den Seiten 14-21; diese Ideogramme bilden auch die Grundlage für die Online-Ideogramme und Online-Karyogramme der CyDAS-Site.

Unzureichende Angaben: Aberrationen ohne Bruchpunkte

Meldung

  • Für die Aberration konnten keine Bruchpunkte gefunden werden
  • Beim Versuch, ein Aberrations-Element zu erweitern, trat ein Fehler auf
  • Der Aberrations-Ausdruck ...  wurde zu ... erweitert und daraufhin für ungültig befunden.

Beschreibung

In grauer Vorzeit war es schwierig, überhaupt zu  erkennen, welches Chromosom von einer Aberration betroffen ist. Daher ist es rein formal nach ISCN zulässig, nur das betroffene Chromosom ohne der betroffenen Bande anzugeben. Solche Aberrationen können jedoch für die Analyse nicht weiter verwendet werden.

Oftmals ist es dem Autor auch klar, wo die Bruchpunkte liegen, und wegen ihrer allgemeinen Bekanntheit gibt er sie nicht an. Dies ist besonders häufig bei der Philadelphia-Translokation anzutreffen, die nur als t(9;22) beschrieben wird. Auch wenn die Bruchpunkte bereits bei einer anderen Untersuchung des gleichen Patienten genannt wurden, oder anderswo in der gleichen Veröffentlichung, werden die Bruchpunkte nicht wiederholt. Für die Software ist dann die Sache klar: die Bruchpunkte fehlen, die Daten taugen nicht für die weitere Analyse.
Die CyDAS-Desktop-Applikation erlaubt mit der Funktion "Edit - Breakpoint Search" das automatische Hinzufügen der Bruchpunkte für diese eben genannten Fälle; sie muß jedoch explizit aufgerufen werden. Für die Internet-Versionen steht diese erweiterte Funktionalität nicht zur Verfügung.

Grundsätzlich werden Bruchpunkte in weiteren Klonen desselben Karyotyps gesucht, d.h. wenn mehrere Klone durch Schrägstriche in der Formel voneinander abgegrenzt sind. Hierbei kann es passieren, daß bei dieser Bruchpunkt-Suche Fehler geschehen bzw. fehlerhafte Aberrationen erstellt werden. Daraus entstehen die beiden letzten Fehlermeldungen.

Im Übrigen gibt es nur zwei Stellen im ISCN-Handbuch, bei der ausdrücklich gesagt wird, daß eine Wiederholung der Bruchpunkte nicht nötig sei.
Eine ist ein Beispiel auf S. 57, wo ein Karyotyp neben der Philadelphia-Translokation ein zusätzliches Philadelphia-Chromosom hat: 47,XX,t(9;22)(q34;q11),+der(22)t(9;22) "The breakpoints in the extra der(22) need not be repeated." D.h. das Rearrangement, das zum derivativen Chromosom führt, wurde bereits im selben Klon genannt; die Art des Rearrangments und die involvierten Chromosomen werden dennoch wiederholt.
Die andere Stelle ist ein Beispiel zur klonalen Evolution auf S. 80 in Zusammenhang mit "idem".

Lösung

Sobald Bruchpunkte bekannt sind, sollten sie angegeben werden. Der Verzicht auf die Wiederholung von Bruchpunkten, den die ISCN in bestimmten Fällen zuläßt (bei weitem nicht so häufig, wie es dann gemacht wird!), sollte grundsätzlich vermieden werden.

Unzureichende Angaben: Aberrationen bei Derivativen Chromosomen

Meldung

  • Für das (Iso-)Derivative Chromosom können keine Aberrationen gefunden werden
  • Beim Versuch, ein Aberrations-Element zu erweitern, trat ein Fehler auf
  • Der Aberrations-Ausdruck ...  wurde zu ... erweitert und daraufhin für ungültig befunden.

Beschreibung

Bei derivativen Chromosomen folgt auf die Angabe des Chromosoms, das das Zentromer liefert, die Angabe der Aberrationen, die zu diesem derivativen Chromosom führten, oder die Angabe der Bandenzusammensetzung. Letztere Angaben werden häufig weggelassen.

Beim Karyotyp 47,XX,t(9;22)(q34;q11),+der(22) mag es ja dem Autor klar sein, daß es sich beim "der(22)" um ein "der(22)t(9;22)(q34;q11)" handelt. Wie aber soll die Software so etwas schmecken können? Schließlich könnte es ja auch ein "der(22)add(22)(p11)del(22)(p11)" sein.

Bei polyklonalen Karyotypen versucht die Software, die Aberrationen aus einem anderen Klon zu beziehen. Bei 47,XX,t(9;22)(q34;q11),+der(22)t(9;22)(q34;q11)/48,XX,+8,t(9;22)(q34;q11),+der(22) gelingt diese Erweiterung noch. Bei 45,XX,-9,der(22)t(9;22)(q34;q11),der(22)t(9;22)add(22)(p11)/46,XX,+8,-9,der(22) ist eine sicher korrekte Erweiterung nicht mehr möglich. Bei derartigen Erweiterungen können Fehler geschehen bzw. fehlerhafte Aberrationen erstellt werden. Daraus entstehen die beiden letzten Fehlermeldungen.

Lösung

Zu derivativen Chromosomen sollte stets angegeben werden, über welche Aberrationen sie entstanden sind (einschließlich der Bruchpunkte dieser Aberrationen), oder wie ihre Bandenzusammensetzung lautet.

Unzureichende Angaben: Zuwenig Bruchpunkte

Meldung

  • Die zweite Bande für die Translokation (Duplikation, Triplikation,...) fehlt

Beschreibung

Eine Reihe von Rearrangements findet nicht an nur einer einzigen Stelle statt, sondern involviert zwei oder mehr Stellen im Genom. Bei einer Translokation sind mindestens zwei Chromosomen beteiligt, also wird für jedes Chromosom ein Bruchpunkt benötigt (bei der Translokation von interstitiellen Fragmenten gar zwei Bruchpunkte je Chromosom). Bei der Inversion wird ein Fragment eines Chromosoms umgedreht, also wird der Startpunkt und der Endpunkt dieses Fragmentes benötigt. Bei der Duplikation wird ein Fragment verdoppelt, entsprechend sind auch hier Start- und Endpunkt nötig.

Auch wenn nur ein sehr kleines Fragment betroffen ist, das sich nicht über die Grenzen einer Bande hinaus erstreckt, sind beide Bruchpunkte nötig! Eine Duplikation von Xq21 ist als dup(X)(q21q21) zu schreiben und nicht etwa als dup(X)(q21).

Im Übrigen existiert ein extremer Unterschied zwischen del(5)(q13) und del(5)(q13q13): bei ersterem wurde der q-Arm ab Bande 5q13 bis zum q-Terminus verloren, bei letzterem nur ein winziges Fragment, das in der Bande 5q13 zu liegen kommt, der Rest blieb da. Da beide Schreibweisen an sich korrekt sind - mit diesen extrem unterschiedlichen Bedeutungen! - kann CyDAS hier keine sinnvolle Fehlermeldung generieren.

Lösung

Wenn ein Rearrangement ein interstitielles Fragment betrifft, so ist der Anfangs- und der Endpunkt des Fragmentes anzugeben, selbst wenn beide Bruchpunkte in der selben Bande liegen.

Translokationen

Kein Symbol der ISCN wird so sehr mißbraucht wie das "t" für Translokation. Und mit diesem Mißbrauch beginnt bereits das ISCN-Handbuch selbst: die Bildung di-zentrischer Chromosomen wird da nicht mit dem vorgesehenen Symbol "dic" sondern eben mit "t" beschrieben, wenn ein derivatives Chromosom beschrieben wird. Weitere Autoren haben noch weitere Mißbrauchsmöglichkeiten entdeckt, von denen ein paar beschrieben werden sollen.

Zugewinn einer Translokation

Meldung

  • Eine Translokation kann weder hinzugewonnen noch verloren werden

Beschreibung

Eine Translokation führt zu (mindestens) zwei derivativen Chromosomen: aus der t(9;22)(q34;q11) gehen die beiden derivativen Chromosomen der(9)t(9;22)(q34;q11) und der(22)t(9;22)(q34;q11) hervor. Wenn nun +t(9;22)(q34;q11) geschrieben wurde, was ist dann damit gemeint? Etwa der Zugewinn beider derivativer Chromosomen?

Bei der genaueren Betrachtung von Beispielen aus der Mitelman-Datenbank erscheint es so, als ob mit "+t" der Zugewinn eines di-zentrischen Chromosoms, also "+dic" gemeint ist. Insbesondere aus der angegebenen Chromosomenzahl geht hervor, daß nur ein Chromosom hinzugewonnen worden sein soll.

Z.B.
Chadduck et al 1991, Pediatr Neurosurg, Case 1
47,X,-Y,-2,+t(2;12)(q13;p11),t(4;17)(q31;q25),-12,+3mar
sollte wohl sein
47,X,-Y,-2,+dic(2;12)(q13;p11),t(4;17)(q31;q25),-12,+3mar
oder noch besser
47,X,-Y,dic(2;12)(q13;p11),t(4;17)(q31;q25),+3mar
da das di-zentrische Chromosom bereits je ein Chromosom 2 und 12 ersetzt.

Lösung

Je nach Situation ist der Zugewinn des bzw. der betreffenden derivativen Chromosomen ("+der,+der") zu beschreiben, oder ein di-zentrisches Chromosom ("dic").

Zwei Translokationen in einem Chromosom

Meldung

  • Bei einer Translokation eines interstitiellen Fragmentes werden zwei Bruchpunkte je Chromosom benötigt.

Beschreibung

Bei Translokationen können nicht nur terminale Fragmente (d.h. Fragment, die am Bruchpunkt beginnen und sich bis zum Terminus desselben Chromosomenarms erstrecken) ausgetauscht werden, sondern auch Fragmente, die sich nicht bis zum Terminus erstrecken ("interstitiell"). Das ISCN-Handbuch nennt als Beispiel hierfür
46,XY,t(5;6)(q13q23;q15q23).
Dabei wurde das Fragment 5q13q23 im Chromosom 5 durch das Fragment 6q15q23 ersetzt, und umgekehrt. Da hier Fragmente ausgetauscht werden, müssen natürlich jeweils der Start- und der Endpunkt des Fragments angegeben werden.

Es gibt auch Translokationen, bei welchen drei Chromosomen beteiligt sind ("Drei-Wege-Translokationen"). Ein Beispiel hierfür aus dem ISCN-Handbuch ist
46,XX,t(2;7;5)(p21;q22;q23)
Hierbei wanderte das Fragment 2p21pter an die Bande 7q22 und ersetzt ab dort alles bis zum q-Terminus des Chromosoms 7. Dieser Bereich 7q22qter wiederum gelangte an die Bande 5q23 und ersetzt ab dort alles bis zum q-Terminus des Chromosoms 5. Letzterer Bereich 5q23qter schließlich gelangte an die Bande 2p21 und ersetzt den Bereich 2p21pter.

Häufig trifft man jedochauf Beschreibungen, in denen für eines der drei Chromosomen zwei Banden (also ein Fragment) angegeben wurde. Z.B.
Jin et al 1995, Cancer Res, Case 43
46,XY,t(7;10;15)(q11;p11q26;p11)
Um eine normale Drei-Wege-Translokation kann es sich nicht handeln, da sonst für das Chromosom 10 nur eine einzige Bande (also entweder 10p11 oder 10q26) hätte genannt werden dürfen. Eine Translokation von interstitiellen Fragmenten kann es auch nicht sein, da sonst auch für die Chromosomen 7 und 15 zwei Banden genannt werden müssten.

Wenn man sich unter Zytogenetikern umhört, erkennt man, daß manche auf diese Art und Weise ausdrücken wollen, daß das Chromosom, zu dem zwei Banden angegeben wurde, von zwei Translokationen betroffen wurde, die als ein Ausdruck niedergeschrieben wurde. Demnach sollten sich also im obigen Beispiel die Translokationen t(7;10)(q11;p11) und t(10;15)(q26;p11) ereignet haben, wobei jeweils das gleiche Chromosom 10 involviert ist.
Das derivative Chromosom 10 hat also zwei Aberrationen erwischt und müßte korrekt wie folgt geschrieben werden: der(10)t(7;10)(q11;p11)t(10;15)(q26;p11). Entsprechend müssen dann die beiden anderen betroffenen Chromosomen 7 und 15 als derivative Chromosomen geschrieben werden: der(7)t(7;10)(q11;p11), der(15)t(10;15)(q26;p11).
Damit ergibt sich als korrigierte Formel:
46,XY,der(7)t(7;10)(q11;p11),der(10)t(7;10)(q11;p11)t(10;15)(q26;p11),der(15)t(10;15)(q26;p11)

Lösung

Wenn eine Translokation eines interstitiellen Fragmentes (also eines Fragments, das nicht bis zum Terminus des Chromosomenarmes reicht) gemeint ist, müssen zwei Bruchpunkte (Anfangs- und Endpunkt) für jedes Fragment genannt werden.

Sollte jedoch gemeint sein, daß zwei verschiedene Translokationen vorliegen, die beide gemeinsam ein Chromosom betreffen, müssen alle drei betroffenen Chromosomen als derivative Chromosomen mit den jeweiligen Translokationen beschrieben werden.

Ganzarm-Translokationen

Meldung

  • In einer Translokation zwischen zwei Chromosomen müssen entweder beide Bruchpunkte Zentromere sein, oder kein Bruchpunkt
  • Das Zentromer ist kein zulässiger Bruchpunkt für die Bildung eines Dizentrischen Chromosoms, wenn der andere Bruchpunkt kein Zentromer ist

Beschreibung

Translokationen können ganze Chromosomen-Arme erfassen. In einem solchen Fall liegen die Bruchpunkte der Chromosomen jeweils im Zentromer, also in p10 oder q10, und es entstehen dabei "gemischte" Zentromere aus den Ursprungs-Zentromeren.

Fand der Bruch jedoch nicht direkt im Zentromer statt sondern knapp daneben, so ist die entsprechende nächst-gelegene Bande zu benennen, also p11 oder q11 (oder genauere Angaben wie p11.1). Dabei ist zu beachten, ob das Zentromer mit übertragen wurde und ein di-zentrisches Chromosom entstand, das entsprechend mit "dic" zu schreiben ist, oder nicht.

Eine Übertragung eines ganzen Armes vom Zentromer an an ein anderes Chromosom außerhalb des Zentromers ist daher stets zu bezweifeln: entweder war der Bruch knapp hinter dem Zentromer, so daß das resultierende Chromosom nur das Zentromer des anderen Translokationspartners enthält, oder der Bruch war knapp vor dem Zentromer, so daß ein kleiner Bereich auch des anderen Armes mit übertragen wurde und ein di-zentrisches Chromosom entstand (solche Translokationen sind zwangsläufig unbalanciert, da ein azentrisches Fragment zurückbleibt,das bei den folgenden Zellteilungen verlorengeht).

Beispiele:

  • van Echten et al 1995, Genes Chromosomes Cancer, Case 30

  • +der(8)t(8;12)(q10;p11)
    Hier liegt eine unbalanzierte Translokation vor, das derivative Chromosom wird als mono-zentrisch beschrieben. Daher ist die Bande für das Chromosom 8 wohl p11: +der(8)t(8;12)(p11;p11).
  • Singh et al 2001, Laryngoscope, Case 1

  • +der(8)t(8;13)(p21;q10)
    Auch diese Translokation wird als unbalanziert und monozentrisch beschrieben. An die Bande 8p21 ist Material vom q-Arm des Chromosoms 13 transloziert. Folglich sollte es heißen: +der(8)t(8;13)(p21;q11).

Lösung

Überprüfen Sie, ob der Bruchpunkt wirklich exakt im Zentromer liegt; dann sind beide Bruchpunkte Zentromere. Andernfalls lag der Bruchpunkt bei einem der Translokationspartner knapp neben dem Zentromer und sollte entsprechend genannt werden (beim anderen Translokationspartner ebenso knapp neben dem Zentromer oder weiter distal); hierbei ist zwischen reziproken Translokationen und di-zentrischen Chromosomen zu unterscheiden.

Andere Fehler: unbekanntes Symbol

Meldung

  • In der Beschreibung der Aberration wurde kein bekanntes Symbol erkannt, oder die Grammatik der ISCN wurde verletzt
  • Ungültige Beschreibung einer Aberration
  • Der Aberrations-Ausdruck ... enthält ungültige Zeichen

Beschreibung

Die Analyse von Aberrationen erfolgt Schritt für Schritt mit Mustervergleichen, in denen auf jeweils eine Aberrationsart getestet wird. Konnte mit so einem Mustervergleich jedoch keine Aberrationsart identifiziert werden, so wird erstere Meldung ausgegeben; d.h. diese Meldung beschreibt allerhand nicht näher erfasste Fehler.

Dazu gehören insbesondere zwei Typen:

Es wurde ein Symbol für das Rearrangement verwendet, das nicht existiert. Die Ursache dafür können Tippfehler sein, wenn z.B. ibs statt ins geschrieben wurde.
In machen Fällen werden Suchmuster verwendet, die bereits eine bestimmte Bandenangabe erwarten, so etwa bei der Isomerisierung. Isomerisierungen sind nur am Zentromer zulässig, d.h. die Bande muß als p10 oder q10 beschrieben werden. Wurde stattdessen p11 genannt, konnte bereits die Isomerisierung nicht mehr als solche erkannt werden.

Manchmal können fehlerhafte Symbole oder Schreibweisen bereits früher abgefangen werden, wenn nämlich Zeichen (Buchstaben) darin auftauchen, die in keinem Symbol vorhanden sind. Dies ergibt die letztgenannte Fehlermeldung.

Sollte nach der regulären Abarbeitung einer Aberration noch ein Beschreibungsrest übrig bleiben, wird die Aberration als ungültig beschrieben moniert. Häufig fehlt nur ein Komma, das diese Aberration von der folgenden Aberration abtrennt, so daß die beiden Aberrationen als eine angesehen wurde, die dann nicht mehr ausgewertet werden konnte. 
Achtung: bei derivativen Chromosomen als erste Aberration könnte der zusammengesetzte Term als korrekt beschrieben ausgewertet werden!

Oftmals fehlt den Autoren auch grundsätzliche Kenntnis der ISCN, wie die CyDAS-Logfiles zeigen:

  • 46,xy,del (q34.3)
  • 46,xy,del 9q34
  • der(9),t(9;13)(p24.3;q31.3)
  • der(9),t(9;13),(p24.3;q31.3)
  • dic(Y;Y)(:q11,p11::p11,q11:)
  • der6 t(6;12)(q23;q13)
  • der(1)(11qter->12::22q24->22q10::1q10->1qter)
  • der ring(20;22)(q?q?;q10q12)
  • der(1)t(1;der(11))(q32.1;(p21;q23.3))
  • der(7;9)(p13;p13)t(9;22)(q34;q11)
  • inv(2)(p13;q37)
  • del(6)(q23;qter)
  • 46,XX,idic(21)(q11q22)
  • 47,XY,i+(18p)
  • 46,XX,der(3)dupl(3q)
  • dupl(3)(p13-p25)

Schlimmer noch sind Fälle, bei denen auch nach langem Nachdenken nicht herausgefunden werden kann, was der Urheber eigentlich ausdrücken wollte. Beispiele hierzu aus den CyDAS-Logfiles:

  • 2(q21.3)
  • 21,q21.2
  • t(13:17) 14 q12
  • del13(14q21)
  • t(13;17)(14q21;13q21)

Lösung

Überprüfen Sie die Schreibweise des Symbols für das Rearrangement und beachten Sie die Grammatik der ISCN; fügen Sie ggf. ein Komma zur Abtrennung von Aberrationen ein.

Defektive Derivative Chromosomen

Meldung

  • Während der Erstellung eines Derivativen Chromosoms trat ein Fehler auf
  • Die Addition ist nicht möglich, da die Bande nicht im Chromosom vorhanden ist.
  • Die Deletion ist nicht möglich, da die Bande nicht im Chromosom vorhanden ist.
  • Das erste Chromosom enthält nicht die Bande für die Bildung eines Di-zentrischen Chromosoms.
  • Die Duplikation ist nicht möglich, da die Bande nicht im Chromosom vorhanden ist.
  • Die Akzeptorbande für die Insertion konnte nicht im Chromosom gefunden werden.
  • Die Startbande für die Insertion konnte nicht im Donor-Chromosom gefunden werden.
  • Die Endbande für die Inversion konnte nicht im Chromosom gefunden werden.
  • Das Akzeptor-Chromosom enthält nicht die Akzeptor-Bande für die Translokation.
  • und einige weitere ähnliche Meldungen.

Beschreibung

Hat ein Chromosom zwei oder mehr Rearrangements abbekommen, muß es als derivatives Chromosom beschrieben werden.

Viele Zytogenetiker glauben, die detaillierte ISCN-Schreibweise sei unzulässig, und versuchen daher, das hochgradig aberrante Chromosom mit der kurzen Schreibweise zu beschreiben (diese Meinung ist falsch!). Meistens genügt es, die Rearrangements, die zum derivativen Chromosom führten, nach dem "der"-Symbol niederzuschreiben; es gibt jedoch eine ganze Reihe von Fällen, in denen diese Kurzschreibweise versagt (siehe ISCN Discussion).

Häufiger scheint es jedoch zu sein, daß bei derartigen Chromosomen der Überblick verloren geht, und daher Banden falsch zugeordnet werden.

CyDAS berechnet die derivativen Chromosomen Schritt für Schritt, indem es die Aberrationen in der gegebenen Reihenfolge in das Chromosom einführt; dabei wird häufig entdeckt, daß eine Bande, die für das folgende Rearrangement benötigt wird, nicht da ist.

Beispiele:

  • Gibas et al 1986, Cancer Genet Cytogenet, Case 5

  • der(11;13)t(11;13)(p13;q14)t(11;15)(p15;q12)
    Im ersten Schritt wird der(11;13)t(11;13)(p13;q14) berechnet als der(11;13)(11qter->11p13::13q14->13pter). Für t(11;15)(p15;q12) wird die Bande 11p15 benötigt, die nun aber nicht mehr vorhanden ist.
    Da im gleichen Fall auch ein +der(13)t(11;13)(q14;p13) beschrieben wird, ist von einer Vertauschung der Banden bei der ersten Translokation auszugehen.
  • Gorunova et al 1998, Genes Chromosomes Cancer, Case 17

  • der(7;9)t(7;9)(q22;p13)dup(7)(q36q22)add(9)(q34)
    Im ersten Schritt wird der(7;9)t(7;9)(q22;p13) berechnet als der(7;9)(7pter->7q22::9p13->9qter). Für die Duplikation dup(7)(q36q22) werden die Banden 7q36 und 7q22 benötigt, von denen nun aber 7q36 nicht mehr vorhanden ist.
  • Gorunova et al 1998, Genes Chromosomes Cancer, Case 9

  • der(15)t(6;15)(p11;p11)add(16)(p13)
    Im ersten Schritt wird der(15)t(6;15)(p11;p11) berechnet als der(15)(15qter->15p11::6p11->6pter). Für die Addition add(16)(p13) wird die Bande 16p13 benötigt, die darin gar nicht vorhanden sein kann. Es ist davon auszugehen, daß ein Komma (vor add(16)(p13)) vergessen wurde.
  • Becher et al 1990, Cancer Genet Cytogenet, Case 6

  • der(4)t(4;9)(q31;q34)t(3;9)(q27;q22)
    Im ersten Schritt wird der(4)t(4;9)(q31;q34) berechnet als der(4)(4pter->4q31::9q34->9qter). Für die Transloaktion t(3;9)(q27;q22) wird die Bande 9q22 benötigt, die nun aber nicht mehr vorhanden ist.
    Da im gleichen Fall auch ein der(9)t(4;9)(q31;q22)... beschrieben wird, ist von einer Vertauschung der Banden des Chromosoms 9 zwischen den Translokationen auszugehen.

Lösung

Wenn Sie nicht erkennen können, welche Rearrangements zum derivativen Chromosom geführt haben, schreiben Sie am besten die Bandenzusammensetzung des Chromosoms (d.h. detaillierte Schreibweise) nieder.
Sind die Rearrangements noch erkennbar, überprüfen Sie das derivative Chromosom dadurch, daß Sie das zugehörige Ideogramm zeichnen lassen, z.B. mit den Online-Ideogrammen oder den Online-Karyogrammen der CyDAS-Site.

Unsinnige Beschreibungen derivativer Chromosomen

Meldung

  • Ein untergeordneter Ausdruck in der Beschreibung eines Derivativen Chromosoms konnte nicht als Rearrangement erkannt werden

Beschreibung

Zu einem derivativen Chromosom müssen entweder seine Bandenzusammensetzung oder die Aberrationen angegeben werden, die zu diesem Chromosom führten. Sehr häufig trifft man jedoch auf Schreibweisen, wo nach dem "der"-Symbol eine Banden-Angabe folgt, z.B. der(3)(p?), der(7)(q?), der(10)(p?), der(14)(q?) etc.

Aus der extremen Häufigkeit dieser Schreibweise ist zu schließen, daß es sich (zumeist) nicht um einen Tippfehler handelt, bei dem aus einer Deletion ("del") ein derivatives Chromosom wurde.

Viel mehr scheinen die Autoren uns sagen zu wollen, daß sie ein Chromosom identifiziert haben, bei dem etwas nicht stimmt, und sie konnten auch die Stelle eingrenzen, an der etwas nicht stimmt.

Es könnte also sein, daß die Autoren meinen, daß ab der genannten Stelle Material unbekannter Herkunft das normale chromosomale Material ersetzt. Dann wäre es eine Addition und müßte entsprechend mit dem Symbol "add" geschrieben werden.

Möglich ist auch, daß an der genannten Stelle Material unbekannten Ursprungs sitzt, und danach der normale Rest des Chromosomen-Armes folgt. Das wäre eine Insertion unbekannten Materials, die mit dem Symbol "ins" zu beschreiben ist. Z.B. ins(3;?)(p?;?) statt der(3)(p?).

Komplizierter wäre es, wenn der Ursprung des derivativen Chromosoms unklar ist (d.h. wenn nicht erkennbar ist, woher das Zentromer stammt), jedoch erkannt wird, daß sich später Material aus dem genannten Chromosom anschließt, und daran evtl. wieder unbekanntes Material. So etwas beschreibt sich als Zugewinn eines derivativen Chromosoms unbekannter Herkunft mit einer Translokation oder Insertion. Z.B. der(?)t(7;?)(q?;?) für ein der(?)(?->?cen->?::7q?->7qter) oder der(?)ins(?;14)(?;q?q?) für ein der(?)(?->?cen->?::14q?->14q?::?).

Lösung

Ermitteln Sie, ob es sich um eine Addition oder eine Insertion unbekannten Materials, oder ein Chromosom unbekannter Herkunft mit einem Teil an identifiziertem Material handelt (siehe oben) und beschreiben Sie das derivative Chromosom entsprechend.